Zahlreiche Energie-Verantwortliche aus dem Engelbergertal fanden sich am 26. November 2021 zum zweiten Workshop zum Thema «Treibhausgas-Emissionen» im Herrenhaus Grafenort ein.
In seinem Input-Referat zeigte Dr. Peter Richner, Empa, auf, dass die Schweiz in einigen Jahren im Winter eine massive Stromlücke aufweise. Die politischen Entscheide der letzten Jahre hätten dazu geführt, dass innert fünf Jahren 68 % der Endenergie fehlen werden. Ob diese Lücke am EU-Strommarkt gedeckt werden könne, sei ungewiss. Insbesondere Deutschland werde ihre Kernkraft- und die Kohlekraftwerke früher als bisher geplant stilllegen. Den Deutschen fehle deshalb im Winter ebenfalls Energie.
Bei Photovoltaikanlagen geben es durchaus noch Potential. Dazu müssten aber 56 % aller Hausdächer mit einer Anlage versehen werden. Es bleibe immer noch die Problematik des fehlenden Winterstroms. Zudem verschärfe die Zunahme der Elektromobilität und die steigende Anzahl von Wärmepumpen das Problem. Sein Fazit: «Wir müssen alles mobilisieren, was wir haben!»
Auswege aus dem Energie-Dilemma sieht er in der Optimierung von Speichermöglichkeiten und in der Flexibilisierung der Nachfrage. Eine weitere Möglichkeit sei die Herstellung von synthetischen Treibstoffen. Denn durch die Gasleitungen gebe es ja bereits heute die dafür notwendige Infrastruktur. Ebenfalls Hoffnungen setzte er in den Prozess der Umwandlung von CO2 aus der Atmosphäre: mittels Methanisierung und Spaltung werde daraus Wasserstoff als Energieträger und Kohlenstoff als Beton-Ersatz und für die Landwirtschaft gewonnen.
Der Kompensation von CO2 durch Emissionshandel im Ausland konnte er nichts abgewinnen. Denn unter dem Strich werde CO2 nicht reduziert, sondern an das Ausland delegiert.
Im zweiten Input-Referat präsentierte Prof. Matthias Sulzer verschiedene Strategie-Möglichkeiten. Neben der Steigerung der Energieeffizienz müssten dringend neue Energiesysteme geschaffen werden. Als Zukunftsweisend propagierte er erneuerbare, dezentrale Energiesysteme.
Am Beispiel der Stadt Chur zeigte er auf, wie dank einem Digitalen Zwilling das Potential ausgelotet wurde. Sowohl Ressourcen wie Bedarf wurden bewertet. Mittels Simulationen wurden die technische Vernetzung verschiedenster Energiesysteme getestet. Details dazu finden sich in diesem Video.
Für die Umsetzung brauche es dann aber auch das notwendige Kapital. Im Falle von Chur seien Private, Pensionskassen und die Bündner Kantonalbank als Darlehensgeber aufgetreten.
Die Energie-Entscheide der letzten Jahre führen dazu, dass für 68 % der Endenergie innert Kürze neue Lösungen gefunden werden müssen. Besorgniserregend sei vor allem die Energielücke im Winter.
Referat Dr. Richner_zu Klimapolitik und Stromlücke
Er präsentierte in seinem Vortrag verschiedene Strategien zur Bewältigung der Stromlücken.
An Beispielen zeigte auf, wie der Infrastruktur-Ausbau mit verschiedenen Technologien zu dezentralen Energiesystemen mit hoher Versorgungssicherheit führen könnten.
Dr. Peter Richner ging mit den Diskussionsteilnehmern der Frage nach, wie die Ziel der Klimapolitik auf die lokale Ebene herunter gebrochen werden könnten.
Dabei wurden für Engelberg insbesondere die Möglichkeiten von Photovoltaikanlagen auf Ferienhäusern oder auf Freiflächen (Stauseen, nichteinsehbare Bergflanken) und die Schaffung von regionalen Speichermöglichkeiten diskutiert.
Dazu müsste aber die Regulierungen erweitert werden. Und die Leute müssten dafür sensibilisiert werden. Aktuell sei ein Gesinnungswandel notwendig. Angeregt wurde das Verbot von Gas- und Ölheizungen.
Zudem sollen die Kantone Nidwalden und Obwalden in den Bestrebungen zur CO2-Reduktion enger zusammenarbeiten. Und die Beratungsangebote müssten forciert werden.
Prof. Sulzer diskutierte mit den Teilnehmern darüber, welche Massnahmen in Berggebieten schnell und unbürokratisch umgesetzt werden könnten.
Grosses Potential sei in Engelberg bei Photovoltaikanlagen vorhanden. Obwohl das Dorf im Winter in eine Sonnen- und eine Schattenseite aufgeteilt sei.
Gerade in solchen Fällen böten dezentrale Speichermöglichkeiten eine Chance. Als Beispiel könne Walenstadt dienen, das dies bereits in einem Quartier umgesetzt habe
Eine weitere Möglichkeit, die Lücke zu schliessen, biete das vorhandene Fernheizkraftwerk sowie die Biomasse, die zu jeder Jahreszeit in der Region zur Verfügung stehe.
Diese könne allenfalls mittels überschüssiger Energie durch das Fernheizkraftwerk in Pellets umgewandelt werden.